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Urlaubstraditionen

Auch wenn der Berufsverkehr schon längst vorbei sein sollte, so hat es mal wieder fast eine Stunde gedauert, bis wir aus Hamburg raus waren. Erste Geduldsprobe überstanden und das, wo wir dicht bei der Autobahn wohnen. Danach rollte es zum Glück und so kullern wir zufrieden mit Tempo 100 entspannt auf der Autobahn unserem Reiseziel entgegen. Wie so oft am Abend mit geplanter Nachtfahrt, um dem größten Stauchaos zu entgehen und schon mal so viel Strecke wie möglich zu machen. Schließlich wollen wir die kostbaren Urlaubstage vor Ort und nicht im Stau verbringen. Gerade, wo es so schön rollt, ertönt eine gute halbe Stunde später die Stimme von hinten: "Mama, ich habe Hunger!". Nicht, dass wir kurz vor Abfahrt nachgefragt und nochmals darum gebeten hätten, etwas zu essen. Schon klar. Was manchmal in Diskussionen ausarten kann, bedarf hier zum Glück nur eines kurzen Stopps, ein paar Handgriffen und schon steht das Essen parat - nicht ganz von Zauberhand, aber fast ;-)

Ich muss zugeben, dass ich hier familiär vorbelastet bin. Mein Papa hat früher nur für kurze Pinkelstopps angehalten, ansonsten ist er nach Dänemark oder Österreich durchgefahren. Auch er wollte schnell ans Ziel und in die Erholungsphase kommen. Meine Schwester und ich saßen hinten, bekamen von meiner Mutter ein Handtuch auf den Schoß gelegt und haben während der Fahrt Schnitzel und Nudelsalat gegessen, während die Schlagerkassette im Kassettendeck dudelte und für gute Stimmung sorgte.


Schnitzel und Nudelsalat, das sind meine Kindheitserinnerungen an längere Urlaubsfahrten mit meinen Eltern. Heute bedeuten sie für mich Reiseeinstimmung und Urlaubsvorfreude auf die bevorstehende WoMi-Tour mit meinen Lieben und werden wohl auch die Kindheitserinnerungen von Tim sein. Denn neben Wasser einfüllen, Klamotten und andere Utensilien verstauen sowie den Kühlschrank befüllen ist auch die vorabendliche Zubereitung von Minischnitzeln und Nudelsalat Hauptbestandteil meiner Urlaubsvorbereitungen.


Zum einen bereite ich den "Original-Nudelsalat" meiner Mutter zu, der nach einer Nacht "durchziehen" so richtig lecker schmeckt. Zum anderen zerschneide ich Hähnchenbrustfilet in mundgerechte Stücke und backe kleine Schnitzelchen heraus. Mittlerweile bringt es Tim sogar Spaß, hier mitzuhelfen. Wobei ich dann durchaus mehr Fleisch einplanen muss, da dieses im Laufe der Zubereitung irgendwie verschwindet - komisch.

Gemüse wird kurz vor Abfahrt in mundgerechte Stifte geschnitten, manchmal habe ich noch ein paar Käsewürfel und Trauben griffbereit und je nach Lust, Laune Strecke auch gelegentlich eine Dose voller "Devils Eyes" (pikante Kekse).


Mit der Zubereitung des "Reiseproviants" beginnt für mich der Urlaub und auch die Playlists werden überprüft, denn Musik gehört genauso dazu. Neben Schlager steht hier allerdings Rock der 80er hoch bei uns im Kurs. Während der Fahrt haben wir dann alles griffbereit in Kühlschrank und Spülbecken verstaut, so dass wir jeder Zeit darauf zurückgreifen und während der Fahrt snacken können. Ist ja in mundgerechten Portionen vorbereitet und den Salat kann man aus einer kleinen Schüssel rauslöffeln.


Die Anfahrt zum Urlaubsziel kann manchmal zur Gedulds- und Zerreißprobe werden. Ein anstrengender Arbeitstag, Staus, schlechte Witterungsbedingungen, anstrengende Diskussionen mit dem Pubertier, es gibt vieles, das eine lange Anfahrt unendlich erscheinen lassen kann. Klarer Vorteil des WoMis im Vergleich zum Auto ist natürlich, dass man einfach auf einem Rastplatz rechts ran fahren und Pause machen, den Stau aussitzen oder eine Runde schlafen kann. Nun ja, so einfach ist es mittlerweile mit den vielen LKWs, die die Parkplätze verstopfen, auch nicht mehr, aber Ihr wisst, was ich meine. Doch auch lange und insbesondere monotone Autobahn-Fahrten können durch Traditionen aufgepeppt werden.


Der Genuss des "traditionellen Reiseessens" signalisiert auf eine ganz unterbewusste Weise, dass jetzt endlich der Urlaub beginnt. Eine bestimmte Musikrichtung, die besonders gerne bei Autofahrten gehört wird; Kennzeichen raten oder andere Spiele, all das weckt Erinnerungen und lässt die Glückshormone springen. Ihr sagt: "Quatsch, als Wohnmobilist gehört das Autofahren zum Reisen dazu". Ja klar. Doch probiert es doch einfach mal aus, Eure eigene "Reise-Tradition" zu schaffen - Ihr werdet sehen, das macht was mit Euch und der Urlaub wird noch ein Quäntchen schöner. Bei uns ist der Duft von Schnitzelchen zumindest mittlerweile stets mit Reiselust verbunden und führte kürzlich zu folgender Konversation mit Tim: "Fahren wir in den Urlaub"? "Ne, wie kommst du denn darauf, es sind doch keine Ferien!" "Aber Du hast doch Schnitzel gemacht!"


Gleiches gilt für den ersten Urlaubsabend. Abhängig vom Reiseziel mache ich mir stets schon im Voraus Gedanken über das erste Urlaubsessen und den "Willkommensdrink" und habe alles parat - inkl. fertigen Eiswürfeln im TK-Fach. Ok, der Drink ist vom Cluburlaub, den ich früher mit meiner Schwester gemacht habe, abgeschaut, aber ebenfalls ein schönes Ritual das nebenbei dann auch für die nötige Bettschwere und einen guten Start in die schönsten Tage des Jahres sorgt. Ideal ist natürlich ein Platz mit tollem Blick und gutes Wetter, so dass man den ersten Abend draußen verbringen kann. Aber auch im WoMi ist es schön - vor allem, wenn man nach arbeitsreichen Monaten wieder ein paar Tage im Stück darin verbringen kann. Gin Tonic oder Campari-O sind unsere Favoriten, dazu entweder Gurkensandwich, Cracker mit selbstgemachtem Dipp, Schinkenröllchen, Oliven und andere gefüllte Leckereien, Tomate-Mozzarella,… all das ist fix nett angerichtet, so dass niemand gleich viel Arbeit hat. Auf dem Stellplatz angekommen, schalten wir den Motor ab. Mit dem "Willkommensdrink" und dem "Snackbuffet" schalten wir in den "Urlaubsmodus" und das Abenteuer kann beginnen. All-inclusive auf unsere ganz eigene Art.


Doch der schönste Urlaub geht einmal zu Ende, man fährt zurück und der Alltag beginnt aufs neue. Auch dies muss nicht abrupt geschehen und kann zelebriert werden. Wir haben es uns z.B. angewöhnt, nach Rückkehr von einer längeren Urlaubsreise am Sonntagabend Essen beim Griechen zu bestellen und abzuholen, nett auf den Tellern zu arrangieren, uns gemeinsam als Familie vor den Fernseher zu setzen und eine Folge einer Serie, die wir gerade schauen, anzusehen. Das ist auch so eine der ganz wenigen Ausnahmen, wo Essen vor dem Fernseher erlaubt ist. Aber damit beschließen wir eine schöne Reise, lassen noch einmal "Urlaubslockerheit" walten, freuen uns auf unser Zuhause und starten entspannt in den anstehenden Schul- und Arbeitstag.


Bei uns funktioniert dies super - vielleicht ist ja auch für Euch die ein oder andere Idee dabei.


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