Domaine de Chantilly
Laut singend kullern Tim und ich über die Autobahn. Wir fahren schon mal mit dem WoMi vor und haben Online-Tickets für die Domaine de Chantilly im Gepäck, wo wir vor unserem Parisbesuch einen kurzen Stopp einlegen wollen. Wie immer kommt es anders als gedacht - vor allem fahre ich viel länger und weiter als geplant am Stück, so dass wir einen Tag früher in Chantilly ankommen, als geplant. Kurz schlafen, erst mal zum Bäcker und frisches Baguette und Croissant fürs Frühstück geholt und dann marschieren wir los. An der Kasse erklärt uns die Dame, dass dies Online-Tickets seien und die könne sie nicht tauschen. Gelten für den morgigen Tag - und Tschüß. Na super, was jetzt? Mit dem Tag Vorsprung könnten wir uns den ganzen Tag Zeit lassen und dann am nächsten Tag entspannt vormittags auf den gebuchten Zeltplatz fahren und da noch den halben Tag genießen. Ob die beiden Herren am Eingang kooperativer sind? Probieren geht über studieren, also los. In Gedanken habe ich schon meine Sätze auf Französisch geformt, während wir zielstrebig auf die beiden Herren mit den Scannern in der Hand zusteuerten. Die beiden waren gerade ins Gespräch vertieft, absolut nicht in der Laune, Fragen zu beantworten und deuteten mit ausgestreckter Hand - und mich keines Blickes würdigend - an, dass ich ihnen die Tickets geben solle. Dies tat ich, es piepste und der Eingang war frei. Tim wollte gerade etwas sagen, aber er hörte nur ein "Klappe halten und schnell durch - ganz durch, bis zum Eingang!" Also sind wir zügigen Schrittes über die Brücke zum Eingang gelaufen, auch wenn ich liebend gerne bereits gleich hunderte von Fotos gemacht hätte, aber ich war erst dann beruhigt, als wir auch diese Kontrolle passierten und ich realisierte, dass die Scanner anscheinend nur das bezahlte Ticket und nicht das Datum interessiert. Damit war der Tag gerettet und wir haben auch wirklich die komplette Öffnungszeit in Schloss und Stallungen verbracht.
Ein wahrhaft prachtvolles Schloss, mit seinen vielen kleinen Türmchen, das bei wenig Wind hübsche Spiegelungen seiner weißen Fassade im Kanal, von dem es durchzogen wird, zeigt. Der Parkplatz liegt etwas weiter hinten und so kann man schon bei der Anfahrt, bei der man die riesigen Stallungen und das am Wasser liegende Schloss passiert, erahnen, dass man hier ohne Probleme einen halben Tag verbringen kann und noch lange nicht alles gesehen hat, wir empfehlen, einen Tag einzuplanen.
Chantilly wird auch als Konkurrenz zum schönsten Schloss Frankreichs – Versailles – angesehen.
Es liegt in einem der größten Waldgebiete in der Umgebung von Paris. Auf den insgesamt 7.800ha befindet sich das Schloss selbst mit dem Musée Condé, dem Schlosspark mit seinen Gärten, die großen Reitställe, eine Rennbahn und das Pferdemuseum. Mit einem Tagesticket hat man Zugang zu allen Bereichen, nur die Reitveranstaltungen werden nochmals extra berechnet.
Einst wurde hier eine Burg auf einem Felsen errichtet, den man sogar extra durchtrennte, so dass die Burg ringsherum von Wasser umgeben ist. Das Besondere an der Bauweise ist die Form eines gleichschenkligen Dreiecks, die stets beibehalten wurde. Egal ob Festung oder imposantes Schloss, Chantilly ist seit jeher von dieser Form geprägt.
Henry d´Orléans, der Sohn des letzten französischen Königs, war Kunstsammler und verwandelte das Schloss in ein Museum für Kunst und Geschichte. Ihm ist es wohl zu verdanken, dass hier in Chantilly im heutigen Musée Condé über 800 Meisterwerke hängen, darunter Bilder von Botticelli, Raphael, Frau Angelico, Watteau, Clouet und Delacroix. Dies ist nach dem Louvre in Paris die zweit größte Kunstsammlung Frankreichs.
Aber auch die historische Bibliothek hält einige bemerkenswerte Schätze bereit, neben diversen uralten handschriftlichen Dokumenten auch eine original Gutenberg-Bibel. Henry d´Orléans war auch Buchliebhaber.
Die Parkanlage ist riesig. Auf 115ha erstrecken sich zwischen den Beeten Wasserflächen und Fontänen, ein Englischer Garten, ein Englisch-Chinesischer Garten und sogar ein nachgebautes Bauerndorf, wo man die Sahne aus Chantilly verkosten kann. Für Kinder werden verschiedenen Rallye Angebote vorgehalten, so dass man nicht nur schlendern und flanieren, sondern auch einiges entdecken und lernen kann. Alles allerdings nur in Französisch. Es ist auch kein Problem, Essen und Getränke für ein Picknick im Schlosspark mitzunehmen.
Am Ticket Office gibt es auch den Code für ein interaktives Exit-Game (€ 1,99/Atlantide), dessen App man sich schon zu Hause runterladen und sich damit vertraut machen sollte.
Der Große Marstall und das Pferdemuseum lassen nicht nur Pferdeliebhaber erstaunen. Das riesige Gebäude ist im Barockstil gebaut, beherbergt Boxen für ca 240 Pferde und hat eine 28m hohe Kuppel. Diese überspannt die riesige Manage und hier werden täglich Dressurdarbietungen veranstaltet, die einen sehr guten Ruf genießen. In einer Art interaktivem Museum kann man sehr viel über Pferde und den Reitsport erfahren.