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Das Nordkap

Wir stehen brav in der Schlange und warten, bis wir an der Reihe sind. Dann übernehme ich das Smartphone des Paares vor uns und fotografiere sie in allen möglichen Posen. Sie bedanken sich und ich reiche meines an das Paar hinter uns. Wir steigen die Stufen hoch und strahlen bis über beide Backen. Klick macht auch mein Smartphone und im Kasten ist das heiß begehrte Foto, für das ein jeder Schlange steht. Ein Foto auf einem kargen Felsvorsprung vor einem Globus, das weit mehr als ein Foto ist. Denn es bedeutet für uns die Erfüllung eines Wunsches von der Bucketlist - wir haben den nördlichsten Punkt Europas erreicht - das Nordkap.

Das Nordkap (Nordkapp) liegt auf 71°10'21" nördlicher Breite und ist damit der nördlichste Punkt auf dem europäischen Festland und eines der am meisten besuchten Highlights in Norwegen. Von oben auf der Kapspitze hat man - sofern es das Wetter zulässt - einen tollen Blick auf das Nordmeer und die unendliche Weite, die es mit sich bringt. Egal ob strahlend blauer Himmel und Sonnenschein, tiefe Nebelschicht, Regenwetter oder Schneetreiben, die Touristen kommen in Scharen, um einmal hier zu stehen und das heiß ersehnte Foto am Globus zu schießen.


Eigentlich ist das auf 307m Höhe gelegene Plateau mit dem Globus oben drauf, der den nördlichsten Punkt Europas markiert,  gar nicht der nördlichste Punkt an sich. Dieser liegt in Wirklichkeit auf einer kleinen Landspitze daneben, aber da der Weg dorthin recht beschwerlich ist, macht es durchaus Sinn, die Touristenmassen hierher zu lenken. 

 

Es gibt gewiss schönere Ecken in Norwegen als das karge Felsplateau hier oben, doch eben die Tatsache, dass man hier am Ende des europäischen Festlandes steht, ist es, die die Faszination und Magie des Nordkaps ausmacht. Auch wenn es von Deutschland gesehen 2.100km weit entfernt ist.

 

Eine lange und enge Serpentinenstraße schlängelt sich durch die karge Landschaft, auf der einem Rad- und Motorradfahrer, Wohnmobile, Reisebusse und Autos entgegenkommen bzw. hintereinander her fahren. Auch im tiefsten Winter bei hohen Schneemassen fährt hier regelmäßig der Schneepflug durch und versucht, die Straße frei zu halten. Es gibt nur diese eine Straße, man kann es also nicht verpassen.

 

Oben angekommen gelangt man auf den Parkplatz, auf dem man mittlerweile kostenlos parken und übernachten darf und auch keinen Eintritt mehr bezahlen muss, um nach vorne an die Spitze zu gelangen. Auch wenn immer noch Kassenhäuschen dastehen und die Mitarbeiter versuchen, die Eintrittsmarken für die Nordkapphallen zu verkaufen, so ist das Befahren und Betreten der Fläche kostenlos. Im Juli 2021 entschied nämlich das norwegische Gericht zugunsten der Gemeinde Nordkapp, die in einem Rechtsstreit mit der Hotelkette Scandic lag, da diese bis dato Eintrittsgelder für das Nordkap-Plateau verlangt hat. Die Aussage ist klar: da das Kap öffentliches Land ist, muss es aufgrund des Jedermannsrechts auch für jeden, der die Natur hier genießen möchte, frei zugänglich sein. 2022 wurde die Berufung vom obersten Gerichtshof Norwegens abgewiesen, so dass seit dem noch mehr Touristen als sonst ihren Weg hierher finden und die Wirtschaft in diesem Gebiet stark beleben. Denn hier kann man nicht nur sehr gut wandern, es werden auch Bootsausflüge, Hundeschlittenfahrten und Schneemobiltouren angeboten.

 

Egal ob mit WoMi oder Zelt, es lohnt sich, hier zumindest eine Nacht zu bleiben und das Kapp zu verschiedenen Zeiten und Witterungsbedingungen zu erleben. Denn das Wetter ändert sich hier sehr schnell und jegliche Wetterlage hat ihren eigenen Reiz. Außerdem hat man so die Möglichkeit, seine Fotos gleich morgens, bevor die Touristenbusse anreisen, oder abends, wenn sie wieder weg sind, in Ruhe und ohne große Menschenmassen aufzunehmen. Andere Übernachtungsmöglichkeiten als Camping gibt es hier nicht. Das nächste Hotel ist dann in Honningsvåg oder einem anderen nahe gelegenen Ort.

 

Folgende "Sehenswürdigkeiten" findet man am Nordkapplateau:

  • Das Plateau mit dem Globus: 

    Das Ziel eines jeden Nordkappreisenden. Einmal hier zu stehen und auf das Nordmeer zu blicken und natürlich ein Foto von sich vor dem Globus zu machen. I.d.R. läuft dies recht zivilisiert in Form einer Fotoschlange ab. Die Hinterleute fotografieren die Vordermänner und einige nehmen ihre Fahrräder oder andere für sie symbolträchtige Dinge mit hoch, damit sie mit auf dem Foto sind. Doch auch der Globus an sich und seine Umgebung alleine sind zur Zeit der Mitternachtssonne oder im Schein der Polarlichter ein einzigartiges Fotomotiv.

Reisewissen: Der Globus mit seinen Längen- und Breitengraden wurde 1978 hier errichtet und seine Achse ist parallel zur Erdachse ausgerichtet. Er symbolisiert die globale Bedeutung des Nordkaps als nördlichster Punkt Europas und Treffpunkt von Menschen aus aller Welt. Er steht für die Verbundenheit aller Menschen und die gemeinsame Verantwortung für unseren Planeten.

 

  • Die Nordkapphallen:  Ein Besucherzentrum auf dem Nordkapplateau, das neben einer kleinen Ausstellung, einer Multivisionsshow über die Polarlichter und einem 3D-Kino, in dem ein Film über die Polarregion läuft, zu 70% aus Souvenirshop und Restaurants besteht. Das Gebäude an sich ist teilweise in den Fels geschlagen, so dass man auch die Möglichkeit hat, auf einen kleinen Balkon hinaus zu treten, wo man einen beeindruckenden Blick auf den Ozean und die vorbeifahrenden Schiffe hat. Auch bei der Einrichtung wurden viele natürliche Materialien verwendet und neben Fastfood bekommt man auch norwegische Gerichte. Das Betreten des Gebäudes ist allerdings nur gegen Entrichtung einer Eintrittsgebühr möglich, die mit €39,00/Person aufgrund des geringen Anteils an "Informationsfläche" in unseren Augen überteuert ist. Toiletten findet man übrigens auch außerhalb des Gebäudes auf dem vorgelagerten Parkplatz.

  • Gedenkstätte für König Oskar II: Ein Obelisk, der als Gedenkstätte für König Oskar II (damals König von Norwegen und Schweden) errichtet wurde, der 1873 das Nordkap besuchte. Zu dieser Zeit gab es noch keine bequeme Anreise über die Straße. Er ist mit dem Boot angelandet und musste dann mit seinem Gefolge die steile Felswand hinauf steigen.

  • Denkmal der Kinder der Welt: Diese Skulptur steht etwas weiter weg vom Nordkapplateau und wurde 1989 von der norwegischen Künstlerin Eva Rybakken geschaffen. Sie zeigt eine Mutter mit ihrem Kind, die auf sieben Reliefs blicken, die von Kindern aus verschiedenen Nationen gestaltet wurden.

Reisewissen: Das Denkmal soll Freundschaft, Zusammenarbeit, Hoffnung und Freude über alle Grenzen hinweg symbolisieren. Es ist ein Plädoyer für die Rechte der Kinder und eine Mahnung an die Verantwortung der Erwachsenen, eine bessere Welt für die nächste Generation zu schaffen.

 

 

Freizeitaktivitäten rund ums Nordkap:

  • Es gibt diverse Wandermöglichkeiten um das Plateau an sich, sowie zur Landzunge, die wirklich der nördlichste Punkt auf dem europäischen Festland ist. Man kann auch von einem vorgelagerten Parkplatz zum Nordkap wandern. Wenn man auf der Landzunge ein Foto macht und dies in der Touristinfo von Honningsvåg vorzeigt, bekommt man auch eine Urkunde, die das Erreichen des nördlichsten Punktes Europas bestätigt.

  • Die Strecke zum Kap ist bei Fahrrad- und Motorradfahrern sehr beliebt und für erstere sicherlich eine sehr große Herausforderung. Denn es geht über zig Kilometer immer wieder stark bergauf und bergab über diverse Serpentinen mit starkem Verkehr drumherum.

  • Das Felsplateau ist die perfekte Location, um in den Sommermonaten von Ende Mai bis Ende Juli die nicht untergehende Sonne und in den Wintermonaten von Ende September bis Ende April die Polarlichter zu beobachten und bietet für Fotografen unzählige Fotomotive.

  • In der Nähe des Nordkaps gibt es mehrere Vogelfelsen, bei denen man sehr gut Seevögel beobachten kann.

  • Im Sommer werden von Honningsvåg aus Bootsausflüge ums Kap angeboten, bei denen man ebenfalls die lokale Tierwelt beobachten kann. Im Winter gibt es Hundeschlittenfahrten und Schneemobiltouren, die teilweise hierher führen.

  • Skarsvag: Wer den weiten Weg hier hoch auf sich nimmt, sollte auf jeden Fall auch das davorliegende Dorf Skarsvag besuchen, das das nördlichste Dorf Europas ist und von wo aus man ebenfalls sehr schöne Wanderungen unternehmen kann. Von hier aus starten auch Bootstouren zu den Vogelfelsen und im Weihnachtshaus kann man sehr leckere Waffeln essen.

 

 

Zur Geologie des Nordkaps:

Den Grundstein der Kapregion bilden Metamorphe Gesteine aus der kaledonischen Gebirgsbildung, deren Landschaftsbild über Jahrmillionen durch Hebung und Erosion geformt wurde. Die Eiszeiten haben ihre Spuren hinterlassen und so sind die markanten Fjorde und U-Täler aus den verschiedenen Gletscherformungen entstanden. Auch der Anstieg des Meeresspiegels veränderte die Küstenlinie und schuf die zerklüfteten Felsen, die wir heute hier vorfinden. Auch wenn Norwegen kein erdbebenreiches Land ist, hier oben am Kap können durchaus auch mal geringe Erdbebenaktivitäten vorkommen.

 

 

Anreise zum Nordkap:

Getreu dem Motto: "Alle Wege führen zum Nordkap" gibt es verschiedene Möglichkeiten, mit dem WoMi dorthin zu gelangen. Die gängigsten Routen sind:

 

Über Norwegen: Aus Süden kommend über die E6, die als Hauptverkehrsader des Landes gilt. Hier fährt man teilweise durch atemberaubende Landschaft, so dass es sich lohnt, wenn man Zeit hat, diverse Stopps einzulegen und die Schönheiten der Natur und die Ursprünglichkeit mancher Dörfer zu genießen.

 

Über Schweden und Finnland: Von Schweden aus über die E10 in Richtung Finnland fahren und dann weiter auf der E8 bis zur norwegischen Grenze. Von dort aus geht es dann auf der E69 zum Nordkap. Auch hier fährt man an vielen sehr sehenswerten Nationalparks und tollen Landschaften vorbei, für die es sich lohnt, den Highway kurzfristig zu verlassen.

 

Über Finnland: Aus Finnland kommend über die E69, die eigens für die Anreise zum Nordkap gebaut wurde. Wenn Ihr hier oben in der Ecke seid, lohnt sich für Weihnachtsliebhaber der Umweg über Rovanimi. Hier wohnt der Weihnachtsmann mit seinen Elfen und der nördliche Polarkreis verläuft auch noch durchs Weihnachtsdorf. Ein Erlebnis für Groß und Klein - vor allem im Winter.

 

Mit der Fähre: Wenn ihr nicht die gesamte Strecke mit dem WoMi fahren wollt, besteht auch die Möglichkeit, eine Fähre zu nehmen. Es gibt Fährverbindungen von verschiedenen Häfen in Norwegen, Schweden und Finnland zum Nordkap oder in die Nähe des Nordkaps, von wo aus man den Rest dann wieder selber fährt.

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